Die deutsch-tschechische Grenzregion ist ein reiches Quellgebiet

Ein Sauerstoffatom und zwei Wasserstoffatome

Anscheinend offensichtlich, aber für uns alle äußerst wichtig und notwendig. Wir haben genug davon, wir leiden nicht unter Durst, können jeden Tag duschen und so viel trinken, wie viel es uns gelingt. Erst wenn wir es vermissen, lernen wir den Komfort schätzen, den es unserem Leben gewährt. Den kleinen großen Wunder haben wir im Wasserhahn zu Hause, in Flüssen, Seen und Meeren in der Landschaft. Was Sie wahrscheinlich über das Wasser selbst nicht geahnt haben, lässt Prof. Dana Komínková aus der Tschechischen Agraruniversität merken.


Wir alle kennen es, aber was ist das Wasser eigentlich?

Es hängt davon ab, wie wir uns das Wasser anschauen. Chemiker sagt, dass es ein Sauerstoffatom und zwei Wasserstoffatome sind, unter denen Bindungen entstehen. Oder wir können das Wasser so sehen, dass es die Grundlage von allem ist, die Grundlage des Lebens auf diesem Planeten. Dieses eine Molekül, scheinbar einfach, ist die Grundlage des Lebens. Ähnlich wie aus einer Quelle ein starker Flusslauf entsteht.   


Am Projekt „Quellen verbinden Landschaften und Länder“ arbeiten Wissenschaftler aus drei Universitäten zusammen: Technischer Universität in Liberec, IHI Zittau und Tschechischer landwirtschaftlicher Universität. Mit welcher Forschung beschäftigt sich Ihr Team?

In unserer Forschung verfolgen wir die Wasserqualität, sein Alter und seinen Ursprung. Mit Kollegen beschäftigen wir uns mit der Sedimentqualität und damit, was in Quellen lebt, was rundherum wächst und wie sich diese Elemente gegenseitig beeinflussen. Das Projekt Quellen verbinden ist multidisziplinär und unser Team ist durch folgende Zusammensetzung gekennzeichnet: Hydrobiologe, Chemiker und Biologe. Obwohl es nach den aufgeführten Berufen nicht so aussieht, sind wir fast alle Frauen.

Wie sind der Ursprung und das Alter des Wassers zu bestimmen?

Den Ursprung bestimmen wir mit Hilfe der gelösten Stoffe oder Isotope. Zum Beispiel in die Niederschläge geraten die Isotope je nach Temperatur. Wenn es kalt ist, gibt es wenige Isotope, somit enthält der Schnee auch nur wenige davon. Wenn wir bei der Forschung auf Wasser mit kleinem Gehalt an schweren Isotopen stoßen, wissen wir, dass es meistens aus dem schmelzenden Schnee oder Eis kommt. Noch im Sommer gibt es z. B. im Fluss Neiße ziemlich viel Wasser aus schmelzendem Schnee, was sich in ihrem Wasser noch in Zittau zeigt. Das Alter des Wassers bestimmt man am besten wieder durch Isotope, und zwar durch unterschiedliche nach der Halbwertszeit. Das 20 - 30tausend Jahre alte Gewässer bestimmt man mittels Radiokarbon.        


Welche Wasserarten unterscheidet man?  

Es gibt mehrere Möglichkeiten, wie das Wasser zu unterscheiden. Wir alle benutzen Trink- und Brauchwasser und produzieren Abwasser. Weiter kennen wir Süß-, Salz- und Brackwasser. (* Bem.: es befindet sich in den Deltas der Flüsse oder entlang der Küste, es ist gemischtes Salz- und Süßwasser). Weiter kann man Oberflächen- und Grundwasser unterscheiden. Wasser kann nach Aggregatzustand (flüssig, Eis, Wasserdampf) und nach anderen Aspekten aufgeteilt werden. Bei unserer Forschung beschäftigen wir uns mit Quellen, d.h. mit Grundwasser, das auf der Erdoberfläche erscheint. Das Grundwasser kann einfach oder mineralisch sein. Sie variieren je nach der Menge gelöster Stoffe. Beim Mineralwasser ist der Gehalt gelöster Stoffe größer als 1g/l, bei einfachem Wasser ist der Gehalt dieser Stoffe niedriger.  


Wie können wir das Wasser charakterisieren und worin ist es einzigartig?

Im Vergleich zu anderen Flüssigkeiten hat das Wasser ganz außerordentliche chemische und physikalische Eigenschaften, die wir als Anomalien bezeichnen. In der heutigen Zeit kennen wir 66 solche Anomalien und möglicherweise haben wir noch nicht die endgültige Zahl. Die Anomalie der 3      

Aggregatzustände kennen wir vom Alltag. Keine andere Substanz tritt unter normalen Bedingungen in allen drei Aggregatzuständen auf. Nur das Wasser. Im festen als Eis, im gasförmigen als Wasserdampf und im flüssigen ist es Flüssigkeit.  

Welches andere Beispiel der Anomalien können wir uns vorstellen?

Zu außergewöhnlichen Eigenschaften des Wassers gehört auch die Änderung der Dichte mit der Temperatur. Während die meisten Stoffe die größte Dichte in Festphase haben, ist es beim Wasser nicht so. Wasser hat die höchste Dichte bei 4° C, und wenn es sich erwärmt oder abkühlt, nimmt die Dichte ab. Den Folgen dieser Anomalie begegnen wir am häufigsten im Winter, wenn die Flüsse und Seen zufrieren, die immer von oben her zufrieren. Eis schwimmt oben auf dem Wasser und dadurch entsteht eine isolierende Schicht und das Wasser unter dem Eis kühlt sich langsamer ab. Dank diesem Umstand können die Wasserorganismen natürlich überleben. Stellen Sie sich vor, wie es bei fehlender Anomalie wäre. Dann würden wir die Karpfen zu Weihnachten mit Schlittschuhen an den Füßen und bis zu den Knien im Wasser fangen.           


Was bedeutet die sg. spezifische Wärmekapazität und wie wirkt sie sich bei Wasser in verschiedenen Umgebungen aus?

Die spezifische Wärmekapazität gibt jene Energiemenge an, die man benötigt, um 1 kg dieses Stoffes um 1° C zu erwärmen. Die spezifische Wärmekapazität des Wassers ist 4,1 mal größer als diejenige von Luft, fast 10 mal höher als diejenige von Eisen und fast 33 mal höher als von Gold. Auch das Eis  hat nur die Hälfte der spezifischen Wärmekapazität als flüssiges Wasser.

Was bedeutet das für den Menschen und seine Umwelt?

Die Folgen dieser Anomalie lassen sich fast überall um uns herum verfolgen. Dank der Tatsache, dass unsere Körper im Durchschnitt aus 75% aus Wasser bestehen, hält unser Körper besser eine konstante Temperatur. Erinnern Sie sich daran, wie schnell man im Sommer beginnt sich zu überhitzen, wenn man an heißen Tagen das Trinkregime nicht einhält. Hohe spezifische Wärmekapazität des Wassers spielt eine große Rolle auch für die Klimastabilität  auf unserem Planeten. Die Folge großer spezifischer Wärmekapazität des Wassers kann man am besten sehen, wenn man Wüste mit Strandurlaubsort vergleicht. Am Meer absorbiert das Wasser die Wärme während des Tages, es erwärmt sich und kühlt die umgebende Luft ab, in der Nacht gibt das Wasser die absorbierte Wärme ab und erwärmt die Luft. In der Wüste, wo das Wasser nicht vorhanden ist, kommt es während des Tages zu großer Erwärmung von Luft und Sand. Die spezifische Wärmekapazität des Sandes ist 5,1 mal niedriger als diejenige von Wasser, d.h. der Sand erwärmt sich schnell, aber nach Sonnenuntergang kühlt er sich schnell ab. Infolgedessen gibt es große Temperaturschwankungen zwischen Tag und Nacht in der Wüste, die bis zu zehn Grad Celsius erreichen können. Im Gegenteil zu einem Strandurlaubsort, wo die Temperaturschwankungen zwischen Tag und Nacht nur ein paar Grad sind. Die Wissenschaftler erklären diese und nicht nur diese Anomalie durch Existenz von Wasserstoffbrückenbindungen in den Wassermolekülen.

         

Welche weitere Anomalie des Wassers ist für unser Leben vorteilhaft?

Das Wasser hat sehr kleine Kompressibilität. Das hat für die Menschen einen großen Vorteil. Unser Körper besteht aus 75% aus Wasser und es ist doch sehr günstig, dass er bei beliebiger Aktivität - beim Sport, bei der Arbeit oder beim Schlafen - seine Form nicht wesentlich ändert. Wenn es nicht so wäre, würden unsere Körper bei geringster Bewegung zwar zusammenhalten, aber in liegender Stellung würde man wirklich “verschwimmen” und beim Tanzen “schweben”.

Mit dem Wasser arbeiten sie auch in gemeinsamer Forschung der Quellen? Was ergibt sich aus den gesammelten Daten über Quellen?

Unser ganzes Projekt ist in Bezug auf die Komplexität, Vielfalt und multidisziplinäre Einstellung einzigartig, darin besteht seine Anomalie. Solche umfassende Forschung wurde bei uns bisher nicht geführt, deshalb ist es für uns einmalig, daran teilzunehmen. Die Arbeit genießen wir, viele Tätigkeiten erfolgen vor Ort. Sogar viel mehr, als wir gedacht haben. Wir arbeiten sowohl vor Ort als auch im Labor und das Projekt umfasst eine breite Palette der Berufe. Hier gibt es eine große Chance, dass ein Chemiker einen Geografen, ein Hydrobiologe einen Humangeographen trifft, und dass sie die Quellen komplex beobachten. Unsere Forschung ist gerade aus dieser Perspektive wertvoll. Über die Quellen stellen wir nicht nur ihre chemische Charakterisierung fest, sondern wir erfahren auch viel mehr über Standort des Wasservorkommens, oder darüber, welche Funktion die Quellen in ausgewählten Gemeinden früher hatten und jetzt haben.     

In der Forschung der Quellen engagieren sich auch Ihre Studenten.  

Die Studenten geraten in dem Projekt in reale “Wissenschaft”, sie bearbeiten ihre Diplom- und Bachelorarbeiten. Sie wählen ein Thema aus, das sie dann aufarbeiten. Es ist uns im Projekt gelungen, ein gutes internationales Studententeam aufzubauen, das ist unser Glück.    

Womit beschäftigen sie sich und woher kommen sie?

Eine der Studentinnen war Rosemary aus Peru, die ihre Arbeit schon verteidigt hat. Sie hat zu den echt guten gehört. Sie hat sich giftigen Metallen in Sediment und Biota der Quellen im Gebiet von Lausitzer Gebirge gewidmet. Wir hoffen darauf, dass sie in der Zukunft die Zusammenarbeit mit uns als Vertreterin ihrer heimatlichen Universität in Peru weiterführen wird. Diego ist unser aus Kolumbien kommender Student, dessen  Arbeit auf Faktoren gezielt ist, die das Auftreten von Gammarus in Quellen beeinflussen. Studentin Alena kommt aus Russland und beschäftigt sich mit dem Ursprung, Alter und der Qualität des Quellwassers. Sie arbeitet von Anfang ihres Studiums bei uns zusammen, sie hat ihre Bachelorarbeit geschrieben und erfolgreich verteidigt, sie führt ihre Diplomarbeit mit uns fort.

Welche anderen Aktivitäten organisieren Sie für Ihre Studenten? Sehen Sie Unterschiede zwischen unseren und ausländischen Studenten?

Im Projekt veranstalten wir auch Workshops und Sommerschule. Daran nehmen nicht nur diejenigen Studenten teil, die sich an wissenschaftlichem Teil des Projektes beteiligen. Für die Studenten ist es eine ausgezeichnete Erfahrung, weil sie die wissenschaftliche Arbeit “zum Anfassen” bekommen und sich entscheiden können, ob sie ihnen gefällt und ob sie sich diesem Weg in der Zukunft widmen möchten. Workshops und Sommerschule bringen den Studenten nicht nur die Möglichkeit, die Wissenschaft anzufassen, sondern auch andere Studenten aus anderen Ländern zu treffen. Es ist überraschend, dass der Anteil der tschechischen und ausländischen Studenten, die am Projekt teilnehmen, eher für die Ausländer spricht, die meistens aktiver sind und bessere Vorstellung darüber haben, was sie in der Zukunft machen wollen. Wenn sie es noch nicht wissen, bemühen sie sich, jede Gelegenheit zu nutzen und etwas neues zu lernen und ihre Vision zu finden.      

Wer ist Dana Komínková?

Sie ist an der Fakultät für Umweltwissenschaften der Tschechischen Agraruniversität tätig, sie hält Vorträge auch im Ausland. Sie studierte an der Naturwissenschaftlichen Fakultät der Karlsuniversität, seitdem ist (nicht nur) das Wasser ihr professionelles Thema. Für den Umweltschutz begeisterte sie sich an der Mittelschule und ihre Begeisterung lässt auch nach 20 Jahren in der Branche nicht nach. Sie fotografiert, reist und gärtnert gern.  

 

Solche umfassende Forschung wurde bei uns bisher nicht geführt, deshalb ist es für uns einmalig, daran teilzunehmen.

Solche umfassende Forschung wurde bei uns bisher nicht geführt, deshalb ist es für uns einmalig, daran teilzunehmen.

Auf dem Feldforschung.

Auf dem Feldforschung.

DAS PROJEKT "QUELLEN VERBINDEN LANDSCHAFTEN UND STAATEN - UMWELTBILDUNG UND KOOPERATION IN DER REGION LIBEREC-ZITTAU" WURDE AUS MITTELN DER EUROPÄISCHEN UNION GEFÖRDERT.

© 2016 - 2018 Technická univerzita v Liberci | Fotografie Erik Lehmden