Ich persönlich finde den Schutz von Quellen und Quellfluren sehr wichtig
Sina Waidelichs Interesse für Ökologie und Landschaftsplanung ist so groß, dass sie ein Studium hunderte von Kilometern von ihrem Zuhause entfernt antrat. Im Februar 2017 hat sie ihr letztes Semester an der Fachhochschule Zittau/Görlitz abgeschlossen. Obwohl sie durch ihr Studium mit Verpflichtungen und Arbeit ausgefüllt ist, engagiert sie sich als junge Wissenschaftlerin im Rahmen des tschechisch-deutschen Projektes „Quellen verbinden“. Sie beteiligt sich aktiv an der Erforschung und der Untersuchung von Quellen im tschechisch-deutschen Grenzgebiet.
In welcher wissenschaftlichen Fachrichtung arbeiten oder studieren Sie?
Meine persönliche Fachrichtung ist Ökologie und Umweltschutz mit dem Schwerpunkt Landschaftsplanung. Derzeit befinde ich mich im letzten Semester des gleichnahmigen Studienganges der Fachhochschule Zittau/Görlitz. Seit Anfang April 2016 untersuche ich Quellen in der Region Liberec-Zittau. Hierbei geht es um die Erfassung und Bewertung der chemischen, chemiko-physischen, hydrologischen, geologischen, ökologischen, biologischen und gesellschaftlichen Eigenschaften und Entwicklungen der Quellen und Quellgebieten.
Aus wie vielen Mitgliedern besteht Ihr Team? Was genau ist Ihre Spezialisierungsrichtung und was sind die Schwerpunkte Ihrer Arbeit?
Mein Team besteht aus vier Mitgliedern. Frau Heike Heidenreich und Frau Gerlinde Liepelt sind Diplom – Chemikerinnen und analysieren die von uns aus den Quellen entnommenen Wasser- und Sedimentproben. Herr Dr. Ing. Matthias Kändler ist neben der aktiven Planungs- und Verwaltungsarbeit ein Spezialist für Hydrologie, Meteorologie und Bodenkunde. Weiterhin sind alle Mitglieder des Teams neben Büroarbeit und Datenauswertung regelmäßig bei den Quellen zu Zwecken der Probename, Messungen und Datenerhebungen.
Was ist für dich am interessantesten im Rahmen dieser Forschung?
Ich selbst bemühe mich neben den bereits geschilderten Tätigkeiten vor allem um die Erfassung der Quellfluren bzw. der Vegetation in den Quellbiotopen. Ein weiterer Schwerpunkt meiner Arbeit ist die Kartierung der unterschiedlichen Landnutzungsformen im Umfeld der Quellen sowie die Bewertung der Auswirkungen bestimmter Nutzungsformen auf die ökologische Qualität der Quellgebiete.
Welche Parameter bezüglich der Analyse von Wasser sind am wichtigsten?
Trotz ihrem ökologischen und gesellschaftlichem hohen Wert sind Quellen und deren Funktionen vergleichsweise kaum erforscht oder ökologisch bewertet. Gemäß § 30 (2) des deutschen Bundesnaturschutzgesetzes sind Quellbiotope „geschützte Biotope“. Nach dem sächsischen Naturschutzgesetz § 26 (1) sogar „Streng geschützte Biotope“. Leider ist der Wissensstand über diese einzigartigen und aufgrund ihrer Kleinräumigkeit empfindlichen Biotope in Deutschland verglichen mit dem über andere Gewässer sehr gering.
Grundlage für die Bewahrung und den Schutz von Quellen und Quellfluren ist eine umfassende Erfassung und Untersuchung von Quellen und deren Beeinflussung durch den Menschen. Eine naturschutzfachliche Bewertung kann nur erfolgen, wenn alle für das Biotop relevanten Aspekte und Parameter gemessen bzw. erfasst werden. Hierzu gehören insbesondere regelmäßige, chemische Wasseranalysen, die Messung des Schüttungsverhaltens der Quellen, die Erfassung der Vegetation und der Zoologie in und um die Quellen, Geologie und Substrat sowie die geographische Lage und Exposition des Quellstandortes. Weiterhin sind antropogene Beeinflussungen durch direkte Nutzungsformen oder Strukturveränderungen (Wasserentnahme, Verbauungen, Verrohrungen etc.) sowie die Auswirkungen der Landschaftsnutzung im Umfeld der Quellen (Land- oder Forstwirtschaft, Infrastruktur etc.) zu erfassen und deren Wechselwirkungen mit der Wasserqualität zu analysieren.
Wie gestalten sich Ihre täglichen Aufgaben in der Praxis?
Neben der Auswertung der erhobenen Daten und den chemischen Laboranalysen der entnommenen Wasserproben ist der wichtigste Teil meiner Arbeit das regelmäßige Aufsuchen der Quellen um vor Ort Messungen durchzuführen, Wasserproben zu entnehmen und etwaige Veränderungen des Umfeldes oder neue Beeinträchtigungen beobachten zu können.
Wie sehen die Ergebnisse Ihrer Arbeit aus – können Sie derzeit bereits etwas dazu sagen und wenn ja, was?
Wie wir feststellen konnten gibt es im Untersuchungsgebiet des Projektes eine sehr große Anzahl ganz unterschiedlicher Quellen. Wir konnten Vertreter aller drei Quelltypen (Limnokrene (Tümpel- oder Teichquelle), Rehokrene (Sturzquelle)und Helokrene (Sumpf- bzw. Sickerquelle)) ausfindig machen, darunter sowohl Waldquellen als auch Wiesen- und Ackerquellen bis hin zu in Stadt- und Siedlungsgebieten gelegenen Quellen. Manche sind direkt oder indirekt stark vom Menschen beeinflusst andere hingegen kaum oder gar nicht. Demnach variieren auch die Ergebnisse der chemischen Analysen von Standort zu Standort teilweise sehr. Ebenso ist die Menge des zu Tage tretenden Quellwassers bei jeder Quelle unterschiedlich und unterliegt in vielen Fällen jahreszeitlichen Schwankungen.
Was war der ausschlaggebende Grund und Ihr Ziel in diesem Projekt mitwirken zu wollen?
Das sechste Semester meines Studiums ist gemäß Prüfungsordnung als Praxissemester vorgesehen. Dieses Praktikum absolvierte ich von April bis Oktober am Internationalen Hochschulinstitut (IHI) Zittau. Meine Aufgabenstellung von Seiten des IHI war die Mitarbeit im gerade anlaufenden Forschungsprojekt „Quellen verbinden Landschaften und Staaten – Umweltbildung und Kooperation in der Region Liberec-Zittau“. Da mich die Thematik des Projektes sehr interressiert und ich es für überaus wichtig erachte wollte ich auch nach Beendigung meines Praktikums weiterhin in dem Projekt mitarbeiten. Mein Ziel ist es neben der praktischen Berufserfahrung und meinem Wissenszuwachs die erhobenen Daten für meine Abschlussarbeit zu verwenden.
Haben Sie besonders interessante Erkenntnisse gewonnen oder unerwartete Ergebnisse erzielt?
Interessant war für mich die so genannte Schwefelquelle (BS1040). Neben einer starken rot Färbung im Bereich des Quelltümpels und des Quellbachs ist der gesamte Quelltümpel von Bakterien besiedelt welche einen wolkenartigen orangenen Rasen bilden. Außerdem weißt die Quelle als einzige im Untersuchungsgebiet ein negatives Redoxpotential auf.
Eine sehr schöne Überraschung erlebten wir auch an der Quelle Na Skřivanech (EN 1001). Die Quelle scheint das „Zuhause“ eines Feuersalamanders (Salamandra salamandra) zu sein, eine europaweit geschützte und seltene Amphibienart.
Welche Quellen fielen Ihnen für Ihre Untersuchungen besonders ins Auge und warum?
Die Quellen Buchberg unten (BN 1025) sowie Myslivni Hang (BS 1042) sind für mich sehr interessant, da bei und in diesen Quellen eine große Vielfalt an Moosen und Gräsern vorkommt. Weiterhin ist für mich das Quellgebiet Bornwäldchen (BN 1033) wichtig, da es sich um einen artenreichen Bruchwald handelt.
Haben Sie einen favorisierten Untersuchungsort – „Lieblingsquelle“?
Neben den bereits genannten Quellen finde ich die Orte CZ Wasserfall (BS 1027), Wasserfall 2 (AS 1043), Jonsberg (BN 1041) und U Přehrady (EN 1015) sehr reizvoll, da sie optisch sehr schön und relativ naturnah sind. Allerdings hat jeder der untersuchten Standorte etwas besonderes und seine Vorzüge oder Nachteile.
Danke schön